Erdogan initiiert staatliche Kampagne zur Leugnung des
Genozids an den Armeniern
18.06.2020
Der Hohe Beirat des türkischen
Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan traf sich am Dienstag, um zu erörtern, wie die
Leugnung des Genozids an den Armeniern vorangetrieben werden kann.
In dem fünfstündigen Treffen, welches
hinter verschlossenen Türen stattfand, wurde der Völkermord von 1915 als
„unbegründete und gegen die Türkei gerichtete Anschuldigung“ bezeichnet.
In einem anschließenden Statement von
Fahrettin Altun, Kommunikationsdirektor von Erdogan, wurde die sogenannte
„armenische Lobby“ beschuldigt, die „schmerzhafte Ära aller osmanischen Bürger
für politische Berechnungen durch Lügen und Verleumdungen, die von
verschiedenen Interessengruppen erfunden wurden“, ausgenutzt zu haben. Laut dem
Statement wolle die Türkei „umfassende Schritte“ einleiten, um die Anerkennung
des Genozids an den Armeniern zu verhindern.
An dem Treffen nahmen unter anderem
auch İsmail Kahraman (ehemaliger Parlamentspräsident der Großen
Nationalversammlung der Türkei), Cemil Çiçek (ehemaliger Justizminister) und
die Rechtsanwälte Köksal Toptan und Yıldırım Akbulut teil.
Der Genozid an den Armeniern wird von
der überwiegenden Mehrheit der internationalen Historiker als Völkermord
eingestuft. Zuletzt geschah dies vom 1. bis zum 3. März 2015 auf einer Historikerkonferenz in Berlin, unter
Teilnahme von 160 internationalen Historikern.
Die Türkei, als Nachfolgestaat des
Osmanischen Reichs, leugnet allerdings bis heute, dass ein Völkermord, dem
ebenfalls Hunderttausende Aramäer/Assyrer, Pontosgriechen und Jesiden zum Opfer
fielen, stattgefunden hat. Dies liegt unter anderem daran, dass Verantwortliche
des Völkermords an den Armeniern an der Gründung der Republik Türkei beteiligt
waren. Auch war der Genozid eine Voraussetzung für die Gründung der heutigen
türkischen Republik, so Islamwissenschaftler Rainer Hermann. Das konfiszierte
Eigentum der Armenier, aber auch Griechen und Juden, stellte die
wirtschaftliche Grundlage der türkischen Republik dar. Die Aneignung und
Plünderung der armenischen aber auch griechischen und jüdischen Reichtümer
fungierte zudem als Grundlage für die Schaffung einer neuen türkischen
Bourgeoisie.
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