Im Zusammenhang mit der kürzlich vom Außenminister der Russischen Föderation
geäußerten Erklärung zur Lösung des Konflikts zwischen Aserbaidschan und
Karabach, insbesondere zur aktiven Diskussion des Entwurfs einer schrittweisen
Beilegung des Konflikts, halte ich für notwendig, Folgendes hervorzuheben.
Die Behörden der Republik Artsakh haben wiederholt
erklärt, dass sie sich bei der friedlichen Beilegung des Konflikts zwischen
Aserbaidschan und Karabach an den beiden höchsten Werten für die Bevölkerung
von Artsakh - Unabhängigkeit und Sicherheit - orientieren. Vorschläge, die
diese Werte - wenn auch unerheblich - gefährden könnten, sind für Artsakh
inakzeptabel.
Das Volk von Artsakh hat 1991 in einem Referendum
über die Unabhängigkeit von ihrem unveräußerlichen Selbstbestimmungsrecht
Gebrauch gemacht und anschließend in Verfassungsreferenden in den Jahren 2006
und 2017 mindestens zweimal ihren Willen zum Ausdruck gebracht. Die Behörden
und die Gesellschaft von Artsakh sind dem gewählten Weg und Willen verpflichtet
weiterhin konsequente Anstrengungen zur Stärkung und Entwicklung eigenes
unabhängigen und demokratischen Staates unternehmen, der mit seiner
verantwortungsvollen Politik eine stabilisierende Rolle in der Region spielt.
Versuche, die bestehende Realität zu ignorieren, entfernen die Aussichten auf
eine endgültige Beilegung des Konfliktes zwischen Aserbaidschan und Karabach,
was sicherlich auf der Anerkennung der Tatsache beruhen muss, dass die Menschen
in Artsakh ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben.
Darüber hinaus ist es beachtlich, dass es sinnlos
ist, mögliche Lösungen des Problems vorzuschlagen, die auf der Grundlage der
territorialen Zugeständnissen der artsakhischen Seite beruhen, da der
aserbaidschanisch-karabachischer Konflikt kein territorialer Streit ist.
Territoriale Zugeständnisse sind ein direkter Weg zur Zerstörung des
Sicherheitssystems nicht nur der Republik Artsakh, sondern auch der Republik
Armenien. In diesem Fall wird die Existenz der einheimischen Bevölkerung in
ihrer historischen Heimat bedroht. Es sollte auch betont werden, dass die
jüngsten Wahlen in Artsakh den Konsens über die Unzulässigkeit territorialer
Zugeständnisse, die sowohl in der Gesellschaft als auch unter den politischen
Kräften der Republik bestehen, überzeugend gezeigt haben.
Besonders hervorzuheben ist die Aussage zum Format
des Verhandlungsprozesses. Der russische Außenminister erkannte die direkte
Beteiligung von Artsakh an den Verhandlungen in der Vergangenheit an,
bezeichnete jedoch das bilaterale Format der Treffen zwischen Armenien und
Aserbaidschan unter der Schirmherrschaft der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe
der OSZE und unter Beteiligung des persönlichen Vertreters des amtierenden
OSZE-Vorsitzenden als nützlich und gut. Die Nützlichkeit des Formats kann aber
nur anhand der erzielten Ergebnisse beurteilt werden. In diesem Zusammenhang
möchte ich betonen, dass im trilateralen und nicht im bilateralen Format das
einzig wahre Ergebnis im Prozess der friedlichen Beilegung des Konflikts zwischen
Aserbaidschan und Karabach - das zeitlich unbegrenzte Waffenstillstandsabkommen
vom 12. Mai 1994 - erzielt wurde. So wurde in vier Jahren trilateraler
Verhandlungen in vollem Format viel mehr erreicht als in den folgenden mehr als
20 Jahren bilateraler Treffen im Format Armenien-Aserbaidschan. Das trilaterale
Format hat sich in der Praxis als zuverlässig erwiesen, und daher wird seine
Wiederherstellung einen ernsthaften Beitrag zum Prozess der friedlichen
Beilegung des Konflikts zwischen Aserbaidschan und Karabach leisten.
Im vergangenen Herbst erklärte der armenische
Premierminister, dass die Vertretungen der Behörden von Artsakh und Armenien
zur Lösung des Konflikts identisch seien. Die Behörden von Artsakh bestätigten
diese Position ebenfalls. Dies bedeutet nicht, dass Armenien die Interessen von
Artsakh in den Verhandlungen vertreten sollte. Wir sind davon überzeugt, dass
die Interessen des Volkes von Artsakh im Verhandlungsprozess von Amtsträgern
der Republik Artsakh mit einem angemessenen Mandat der Bevölkerung vertreten
werden sollten. Die Republik Armenien wird ihrerseits weiterhin die Interessen
der Republik Artsakh auf internationaler Ebene und bei Treffen unter der
Schirmherrschaft des Ko-Vorsitzes der Minsk-Gruppe der OSZE vertreten.
Es sei darauf hinzuweisen, dass die vom russischen
Außenminister vorgebrachten Vorschläge eine der vielen modifizierten Versionen
der sogenannten Madrider Prinzipien sind.
In diesem Zusammenhang halten wir es für
notwendig, daran zu erinnern, dass das Außenministerium der Republik Artsakh
unmittelbar nach der Veröffentlichung der Grundelemente der „Madrider
Grundsätze“ am 15. Juli 2009 eine Erklärung abgegeben hat, in der die
interessierten Akteure aufgefordert wurden, den Status quo in der Region
infolge der Beschleunigung des Verhandlungsprozesses auf der Grundlage der
vorgeschlagenen Entschließungen nicht zu verletzen. Es wurde festgestellt, dass
alle Versuche, Artsakh in die Vergangenheit zurückzubringen, nicht nur
kontraproduktiv, sondern auch mit einer neuen Eskalation des Konflikts
verbunden sind. In der Erklärung wurde betont, dass der Neustart des verzerrten
Verhandlungsprozesses, die Rückkehr der Republik Artsakh an den
Verhandlungstisch als vollständige Partei und die Umgestaltung der
Grundprinzipien der Beilegung erforderlich sind. Diese Position der Regierung
von Artsakh bleibt unverändert.
Die Aggression Aserbaidschans im April 2016 hat
die Richtigkeit der Behauptungen der artsakhischen Seite über die Gefahr einer
neuen Eskalation des Konflikts bei jedem Versuch, den aktuellen Status quo zu
ändern, der eine der Grundlagen des Sicherheitssystems nicht nur für die
Republik Artsakh, sondern auch für die gesamte Region darstellt, überzeugend
unter Beweis gestellt.
In Bezug auf die derzeit behandelten Fragen erörtern
die Parteien keinen konkreten Lösungsplan. Dies bedeutet, dass kein sogenanntes
Madrid oder andere Lösungsvorschläge auf dem Tisch liegen. Es ist
offensichtlich, dass die dringendsten Probleme derzeit die Stärkung des
Waffenstillstands, die Einführung eines Mechanismus zur Verringerung der
Risiken auf der Kontaktlinie der Streitkräfte und die Umsetzung
vertrauensbildender Maßnahmen sind. Wie aus den Erklärungen der Ko-Vorsitzenden
der Minsk-Gruppe der OSZE hervorgeht werden bei den Treffen der Außenminister
Armeniens und Aserbaidschans genau diese Fragen diskutiert. Die Aussagen von
offiziellen Baku, die sich wiederholt über das Fehlen substanzieller Gespräche
beschwert haben, zeigen auch, dass es kein konkreter Plan für eine Beilegung
diskutiert wird.